Kuppendorf (ddm). Zu den Abläufen rund die Genehmigung und den Bau des Windrades in Kuppendorf, über die der Petershäger Anzeiger bereits mehrfach berichtet hat, haben uns weitere Informationen erreicht. Das hat uns veranlasst, in dieser Angelegenheit auch selbst noch weiter zu recherchieren.
Rückblende: Änderung des Flächennutzungsplanes
Im Rahmen eines Interviews, das der Petershäger Anzeiger kürzlich mit dem Kirchdorfer Bundestagsabgeordneten Axel Knoerig (CDU) zum Thema erneuerbare Energien im Landkreis Diepholz geführt hat, haben wir die Gelegenheit genutzt, auch über die Standortauswahl für das Kuppendorfer Windrad (siehe Karte) zu sprechen. Und damit über den Beginn des Konfliktes, der mittlerweile vor dem Oberverwaltungsgericht angelangt ist. Aufgrund seiner kommunalpolitischen Funktionen als Mitglied des Kreistages und als Vorsitzender des Rates der Samtgemeinde Kirchdorf war und ist Axel Knoerig mit der Materie vertraut und eng in die Entscheidungen eingebunden. Grundvoraussetzung für das Aufstellen von Windrädern ist, dass die entsprechenden Flächen amtlich als Flächen für die Windenergienutzung ausgewiesen sind. An entsprechenden Anpassungen der Flächennutzungspläne wurde in der Samtgemeinde Kirchdorf seit 2018 gearbeitet. „Damit waren hier zunächst die Gemeinderäte der sechs Mitgliedsgemeinden befasst, im Fall der Fläche in Kuppendorf also die ehrenamtlichen Ratsmitglieder aus der Gemeinde Kirchdorf“, erläuterte Axel Knoerig den Ablauf und führte weiter aus: „Der Gemeinderat ist zwar das unterste politische Gremium. Das ist an der Stelle aber sehr mächtig. Der Gemeinderat hat für die Ausweisung als Potentialfläche gestimmt und anschließend hat der Samtgemeinderat dieses Votum für die Erstellung des Flächennutzungsplanes übernommen. Und dann ist Mehrheit Mehrheit. Persönlich habe ich immer darauf hingewiesen, dass wir keine Verspargelung der Landschaft wollen, sondern mindestens drei bis vier Anlagen in einem Windpark gruppiert werden sollten. Und es sollte darauf geachtet werden, dass alle Betroffenen rechtzeitig informiert und alle Bürger ordentlich mitgenommen werden. Mehr kann ich da nicht machen. Wir dürfen schließlich keine Verhinderungspolitik betreiben. Wenn die Ortschaft Kuppendorf jetzt mit dieser großen Anlage bestückt ist, wurde die Aufstellung im Vorfeld doch auch juristisch durchdekliniert und ist positiv beschieden worden.“
Dass die politische Beratung und Beschlussfassung über den Windrad-Standort Kuppendorf offensichtlich alles andere als harmonisch vonstatten gegangen ist, dokumentieren allein schon Beiträge der Kreiszeitung vom 25.9.2023 und 23.11.2023. Wenn die Redakteurin titelt: „Windkraft bleibt ein Thema, das die Kommunen spaltet“ und in einem Text die Rede davon ist, dass „den Mitgliedern des Ausschusses für Gemeindeentwicklung und kurz darauf denen des Samtgemeinderates eine „steife Brise“ entgegen“ blies (online nachzulesen auf der Internetseite der Kreiszeitung), passt das nicht so ganz zu dem Eindruck, den das Interview mit Axel Knoerig für einen Außenstehenden vermittelt hat. Man mag Windräder mögen oder nicht, die maßgebliche Frage bleibt: War bei der Ausweisung der Potentialfläche für Windenergie in Kuppendorf alles rechtens? Schon in unserem ersten Beitrag zum Thema im vergangenen September hatten wir darüber berichtet, dass der Ausweisungsbeschluss im Gemeinderat mit der minimalen Mehrheit von einer Stimme gefaßt wurde. Für die Mehrheit hatte ein Ratsmitglied gesorgt, dem die betreffende Fläche gehört – obwohl Ratsmitglieder, die persönliche Vorteile aus solchen Beschlüssen ziehen können, gemäß niedersächsischem Verwaltungsrecht gar nicht hätten mitwirken dürfen. Noch spannender wird es aus juristischer Sicht, wenn man einen Blick auf den Umgang des Kirchdorfer Samtgemeindebürgermeister Heinrich Kammacher mit dem Flugplatz wirft, in dessen Einflugschneise die Kuppendorfer Potentialfläche liegt. Zunächst scheint die Samtgemeindeverwaltung den seit 2010 bestehenden, auf dem Gebiet der Samtgemeinde Uchte liegenden „Sonderflugplatz Woltringhausen“ bei den Vorplanungen zur Ausweisung neuer Flächen für die Windenergie „irgendwie“ übersehen zu haben. In dem im Oktober 2021 von der NWP Planungsgesellschaft im Auftrag der Samtgemeinde vorgelegten „Standortkonzept Windenergie“ findet sich nicht eine Zeile zum Flugplatz. Das änderte sich 2022, als der Samtgemeindebürgermeister persönlich bei der zuständigen Niedersächsischen Luftfahrtbehörde vorstellig wurde, um vehement die Rücknahme der 2020 erteilten Genehmigung für den Flugplatz zu fordern. Schon damit hatte auch der Bürgermeister persönlich gegen niedersächsisches Verwaltungsrecht verstoßen, da er sich im Rahmen der Aufstellung des Flächennutzungsplanes als persönlicher Nutznießer bereits für befangen erklärt hatte. Wenig später legte der Bürgermeister „noch eine Schüppe drauf“ und reichte Klage gegen die Luftfahrtbehörde ein, zunächst auch ohne den Samtgemeinderat zu informieren. Stellt sich die Frage: was (oder wer) hatte Heinrich Kammacher veranlasst, die vergleichsweise kleine Potentialfläche in Kuppendorf durchzusetzen, und das scheinbar um jeden Preis? Damit kam ein weiterer Name ins Spiel, der des Geschäftsführers der in Kirchdorf ansässigen Firma Westwind Energy, Gerard Meindertsma. Neben dem Samtgemeindebürgermeister wurde nach uns vorliegenden Informationen auch Herr Meindertsma bei der Niedersächsischen Flugbehörde vorstellig. Und tatsächlich: Danach vollzog sich bei dem zuständigen Mitarbeiter ein überraschender Sinneswandel mit dem Ziel, die zuvor erteilte Genehmigung für ungültig zu erklären. Seitdem wird auf der juristischen Ebene mit harten Bandagen um das „Existenzrecht“ des Flugplatzes gerungen. Ein Blick ins Internet verriet in der Folge, dass Gerard Meindertsma vor Gericht im Zusammenhang mit „windigen“ Geschäften rund um die Projektierung von Windrädern und Windparks kein Unbekannter ist. Vor diesem Hintergrund hat der Petershäger Anzeiger beim Landrat des Landkreises Diepholz nachgefragt, wer eigentlich Eigentümer der Kuppendorfer Anlage ist. In seiner Antwort verwies der Landrat auf öffentlich zugängliche Informationen im Marktstammdatenregister, denen zu entnehmen sei, dass die WestWind Projektierungs GmbH & Co. KG Betreiberin der Anlage sei. Dieses bedeutet jedoch nicht zwingend, dass WestWind auch Eigentümerin der Anlage ist. Die Windkraftanlage könnte vom genannten Unternehmen auch auf Basis eines Pacht- oder Betriebsführungsvertrages betrieben werden. Daher hat sich der Petershäger Anzeiger unmittelbar vor Redaktionsschluss erneut an den Landrat mit der Bitte um Aufklärung gewandt. Eine Antwort aus Diepholz liegt noch nicht vor. Kurz vor Redaktionsschluss haben wir von einem möglichen weiteren „Besuch“ des WestWind-Geschäftsführers erfahren, bei dem es einen Zusammenhang mit dem Kuppendorfer Windrad geben könnte – in diesem Fall bei der Bundeswehr. Über das Ergebnis unserer diesbezüglichen Nachfrage werden wir zeitnah berichten. Aktuell stellt sich die Frage nach dem zweiten auf der Karte eingezeichneten Windradstandort. Auch diesbezüglich haben wir eine Anfrage zum Landrat geschickt.
