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„Das Verständnis für die Landwirtschaft schwindet immer mehr“

Ungewöhnliche Gesprächsrunde auf dem Hof Teikemeier in Heisterholz

Ungewöhnliche Gesprächsrunde auf dem Hof Teikemeier in Heisterholz

Petershagen (ddm). Wenn ein erfahrener Profi, der noch dazu in verantwortungsvoller politischer Position tätig ist, auf hochmotivierten jugendlichen Nachwuchs trifft, sollte sich aus journalistischer Sicht einiges Potenzial für ein spannendes Gespräch ergeben. Das war der Gedanke für eine Gesprächsrunde über die Situation in der Landwirtschaft, die kürzlich auf Anregung des Petershäger Anzeigers auf dem Hof Teikemeier in Heisterholz stattfand. Bei dem Profi handelte es sich in diesem Fall um Bianca Winkelmann, umwelt- und landwirtschaftspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Düsseldorfer Landtag. Als Gesprächspartnerin ihr gegenüber Pauline Böke, engagierte Junglandwirtin, die derzeit einen Teil ihrer Ausbildung auf dem Hof Teikemeier absolviert.

Auf dem Weg nach Heisterholz schwirrten dem Berichterstatter schon einige Gedanken durch den Kopf: Was kann eine junge Frau motivieren, heute den Beruf der Landwirtin zu ergreifen? In einer Zeit, in der es viele Verbraucher offensichtlich für selbstverständlich halten, dass man landwirtschaftliche Produkte – sprich Lebensmittel – zu möglichst niedrigen Preisen im Supermarkt erwerben kann, während gleichzeitig die Produzenten dieser Lebensmittel – die Landwirte – vielfach an den Pranger gestellt werden. In einer Zeit, in der für landwirtschaftliche Betriebe gefühlt ständig neue Vorschriften erlassen werden, die immer mehr Betriebe zur Aufgabe veranlassen.

Anders als bei den üblichen Presseterminen sollte die Devise bei dem geplanten Treffen heißen: einfach nur mal zuhören und schauen, wohin sich das Gespräch entwickelt. Die optimistische Erwartung war gerechtfertigt: Nach einer kurzen Vorstellung waren die Akteurinnen umgehend so in Sachfragen vertieft, dass der am Nebentisch befindliche Journalist kaum noch zur Kenntnis genommen wurde.

Den Einstieg in die Diskussion bildete ein Blick auf die Inhalte der Ausbildung, die angehende Landwirte heute schulischerseits und bei der Arbeit im Betrieb erfahren. Pauline Böke sah sich in allen Bereichen „von Kastration bis Kastenstand“ gut auf den Job vorbereitet, auch im Hinblick auf kritische Diskussionen – eine Bewertung, die Bianca Winkelmann aus ihrer Erfahrung nur bestätigen konnte.

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Den meisten Raum nahm anschließend das Bild der Landwirtschaft in der Öffentlichkeit ein. Ein gravierendes Problem sei, dass die meisten Verbraucher mittlerweile kaum noch Verbindung zur Landwirtschaft hätten, waren sich beide Gesprächsteilnehmerinnen einig. Vielen fehle schlicht das Bewusstsein darüber, was auf den Höfen geleistet werden müsse, um eine sichere Versorgung mit Lebensmitteln zu gewährleisten, nicht nur in den Städten, sondern zunehmend auch auf dem Lande. Umso weniger sei das Bauern-Bashing nachzuvollziehen, dass man derzeit auf vielen Ebenen erlebe. Anmerkung von Pauline Böke dazu: „Es ist schade, dass viele Erwachsene sich scheinbar mit dem Thema Lebensmittelerzeugung überhaupt nicht auseinandersetzen wollen. Gerade wenn Schulklassen auf Höfe kommen, könnte man sich einiges von den Kindern abschauen. Denn sie setzen sich offen und ohne Vorurteile mit der Landwirtschaft auseinander.“ Die Politik müsse Weichen stellen, auch was die Preispolitik des Einzelhandels anbelange. 

Nicht überraschend, dass zum Abschluss des Gesprächs auch das Thema Ukraine noch gestreift wurde. Mit Blick auf die Auswirkungen des Krieges auf den Agrarbereich ein klares Plädoyer von Bianca Winkelmann gegen die für 2023 vorgesehene Stilllegung landwirtschaftlicher Flächen. In der jetzigen Situation sehenden Auges Ertragseinbußen in Kauf nehmen zu müssen, sei nicht hinnehmbar.

Links MdL Bianca Winkelmann im Landtag NRW, rechts Pauline Böke im heimischen Stall. Fotos: privat
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