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„Das ist wie Insolvenz auf Beschluss“ – Corona-Krise stellt „34-booking“ vor eine große Bewährungsprobe

Ovenstädt. In ihrem Lager steht Bühnen-, Licht- und DJ-Technik für tausende Euro. Auf dem Hof parkt der geleaste Sprinter. Die laufenden Kosten ihrer Event-Agentur „34-booking“ müssen Niclas Owczarski und Mario Noack seit März aus ihren Ersparnissen decken. „Das ist jetzt so gut wie alle.“ Doch eine Besserung ist nicht in Sicht. 

„Vor sechs Wochen, als kleine Veranstaltungen erlaubt waren, waren wir besorgt. Jetzt haben wir Angst vor der Zukunft“, erzählt Mario Noack. Er hofft, dass im nächsten Jahr die Event-Branche wieder in den Schwung kommt. Trotz der eigenen beruflichen Situation halten beide die Corona-Schutzverordnung für sinnvoll und notwendig, um die Pandemie zu stoppen. Sie wünschen sich vor allem mehr Unterstützung. „Ich finde es fragwürdig, warum in diesem Jahr große Events wie Fußballspiele stattfinden konnten, aber Zeugnisvergaben nicht erlaubt waren. Das fühlt sich an wie eine Insolzenz auf Beschluss“, findet Niclas Owczarski. „Die großen Unternehmen werden auf Staatskosten unterstützt und die vielen Kleinstunternehmen und Solo-Selbstständige warten in dieser Zeit quasi auf ihre Pleite.“

Normalerweise verbringt das Team von „34-booking“ die Wochenenden regelmäßig bis tief in die Nacht auf Hochzeiten, Geburtstagen, Zeltfesten oder anderen Veranstaltungen. Nur für drei kleinere Feiern war das Duo in diesem Jahr engagiert, wofür sie dennoch dankbar sind. „Im letzten Jahr gab es an zwei Wochenenden mindestens drei Events.“ 

Auf die Frage, wann es wohl weitergehen könne, sieht Niclas Owczarski einen möglichen Impfstoff gegen Covid-19 als wichtigen Schritt. Mario Noack kommentiert nur: „Ich weiß es nicht.“ Bereits seit dem Frühjahr ist der Veranstaltungskaufmann auf Jobsuche, die im Prinzip chancenlos verläuft. „Niemand sucht aktuell Mitarbeiter in der Event-Branche.“ Gerne würde sich das Team in den Wintermonaten – abseits der Hochzeitsmonate – weiterbilden und in neue Technik investieren. „Dafür fehlt uns in diesem Jahr einfach das Geld.“

„Wir fänden es sehr schade, wenn  die Veranstaltungskultur aussterben würde. Alle Bars, Discos und Kneipen, die ihren Betrieb in dieser Zeit aufgeben, werden sicherlich nicht wieder kommen.“ Unter anderem bei der „Night of Light“ versucht die Veranstaltungsbranche auf die dramatische wirtschaftliche Lage  aufmerksam zu machen. Hierbei wurden deutschlandweit in der Nacht vom 22. auf den 23. Juni Event-Locations und Spielstätten sowie ausgewählte Gebäude und Bauwerke rot illuminiert. So auch das Alte Amtsgericht in Petershagen, in dem seit März keine größeren Veranstaltungen stattfinden durften. Kurz aufatmen konnten die beiden mit dem Saisonstart der Handball-Bundesliga. Als offizieller Partner von GWD Minden sorgt „34-booking“ bei den Heimspielen für Musik und Stimmung bei den Fans. Doch der Aufschwung hielt nicht lange an, nur zwei Spiele durften vor Zuschauern stattfinden. Aber auch mit dem Ausschluss von der Öffentlichkeit bleibt der Auftrag des Duos bestehen, um mit Musikeinspielern die Handballer trotz leerer Ränge zu „unterstützen“. 

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Als Festwirte des Hiller Marktes im nächsten Jahr sehen Owczarksi und Noack viele Fragezeichen: Wird der Markt stattfinden? Welche Vorschriften wird es geben? „Eigentlich wären wir bereits mitten in den Planungen der Veranstaltung, doch aktuell macht das einfach keinen Sinn. Es gibt ständig neue Regelungen, die eine Planung unmöglich machen.“ Auch wenn sich die Pandemie im nächsten Jahr abschwächen sollte, befürchten Niclas Owczarski und Mario Noack zunächst keine wirkliche Besserung der Situation. „Es werden sich viele Leute nicht trauen, Feiern auszurichten.“ Eine mangelnde Transparenz bescheinigen beide auch der Politik: Owczarski wohnt in Ovenstädt, also in Nordrhein-Westfalen, Noack lebt direkt hinter der niedersächsischen Grenze. Sie finden es schwer zu überblicken, welche Corona-Regelungen im jeweiligen Bundesland zur Zeit gelten. Wer darf wo mit wie vielen Gästen feiern? „Eine einheitliche Regelung würde es viel einfacher machen.“ Trotz der persönlichen beruflichen Lage sind sich beide einig: „Das ist aktuell ein Ausnahmezustand für uns alle. Wenn sich ein Veranstalter nicht sicher ist, sollte immer die Vernunft siegen und das Event abgesagt werden.“

Auf die Weihnachtsfeiertage schaut Niclas Owczarski aber doch auch schmunzelnd: „Wenigstens brauchen sich unsere Familien Weihnachten in diesem Jahr nicht nach unseren Terminen richten.“

Text: Krischi Meier, Fotos: Krischi Meier (1), Ditemar Meier (1)

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