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Als die Gehle noch Badestelle und Fischparadies war

Heinz Bultemeier, Ernst Witte und Reinhard Pleitner berichteten von Fischen, Pfadfindern und Kindheitserinnerungen in und an der Gehle.
Heinz Bultemeier, Ernst Witte und Reinhard Pleitner berichteten vom Leben an der Gehle. Foto: Krischi Meier

Windheim (kri). Die Gehle ist auf einer Strecke von rund 15 Kilometern zwischen dem Eintritt in die Stadt Petershagen und der Mündung in der Weser fast wie ein Strich in der Landschaft: Ein gerades Flussbett mit Trapezprofil und befestigten Böschungen. Die ursprüngliche Form des Gewässers ist heute bis auf einen rund 1.500 Meter renaturierten Abschnitt in Quetzen nicht mehr wieder zu erkennen. Wie die Gehle vor der Flurbereinigung 1967 aussah und wie sehr der kleine Fluss das tägliche Leben geprägt hatte, wissen Ernst Witte aus Döhren, Heinz Bultemeier aus Lahde und Reinhard Pleitner aus Quetzen. Während der Flusslauf und die Böschung heute vom Wasserverband Weserniederung gepflegt wird, gehörte früher die Gehle bis zur Flussmitte zu den angrenzenden Grundstücken. Dass die Gehle an einigen Stellen tief genug war und viele Kinder damals das Schwimmen in dem Fluss gelernt haben, berichten alle drei. Besonders in Döhren sei eine beliebte Badestelle gewesen. Heute verzeichnet die Gehle eine einheitliche Wassertiefe von rund 50 Zentimetern.

Viele Kinder haben früher in der Gehle das Schwimmen gelernt. Der Fluss war auch im Sommer ein beliebter Ort zum Baden. Foto: privat„Bevor die Gehle begradigt wurde, hat sie bei Hochwasser viele angrenzende Felder überflutet. Teilweise ist dabei sogar das Heu weggeschwommen“, erinnert sich Reinhard Pleitner, dessen Garten dann auch unter Wasser stand. 1946 standen bei der Überschwemmung einige hundert Hektar Landfläche unter Wasser. „Wir haben damals die nassen Hasen gefangen und aus dem Wasser gerettet“, erklärt Ernst Witte.
Wenn im Winter die Wasserflächen zufrierten, entstanden große Flächen zum Schlittschuhlaufen. Dabei sei sein Großvater einmal sogar von Quetzen bis zur Mündung in die Weser in Ilvese auf der Gehle Schlittschuh gelaufen. Im Sommer wurde in den Kolken gebadet und Pfadfinder hatten regelmäßig ihr Lager aufgeschlagen. „In unserer Kindheit hat sich sehr viel an der Gehle abgespielt“, erzählt Heinz Bultemeier. Damit sei nach der Begradigung allerdings schnell Schluss gewesen. Die Gehle fortan mit tiefem Trapezprofil und befestigten Böschungen, die ein Ausspülen verhindern, bot keinen weiteren Anreiz für die Freizeitgestaltung. Durch die Begradigung des Flusslaufes 1967 hat sich die Fließgeschwindigkeit erhöht und das Wasser läuft seitdem schneller in die Weser. Beim Hochwasser im Dezember letzten Jahres ist die Gehle nicht einmal über die Ufer getreten. Während es heute einige Brücken zur Überquerung der Gehle gibt, mussten die Menschen früher vor allem kleine Stege nutzen.

An vielen Stellen konnte die Gehle nur über kleine Stege trocken überwunden werden. Foto: privat

Pferdegespanne und Holder sind damals mittels Furten (Flachstellen im Flusslauf) direkt durch das Wasser gefahren. „Die Landwirte konnten damals keinen kilometerweiten Umweg zur nächsten Brücke fahren, daher ging es durch das Wasser“, erzählt Ernst Witte. Bis in die 1970er Jahre war die Gehle sehr fischreich. Schwarmweise zogen damals die Fische zum Laichen von der Weser in den kleinen Nebenfluss. Alle drei Zeitzeugen haben früher sehr viel in der Gehle geangelt. Zu der Zeit gab es viele große Fische wie Aale, Hechte, Schleien, Weißfische, Barsche und Neunaugen in der Gehle. „Teilweise haben wir die gefangenen Fische direkt an der Gehle gebraten, das war schon etwas besonderes“, erinnert sich Heinz Bultemeier. Auch seien die Frauen nicht immer so begeistert gewesen, wenn die Männer Sonntags zum Fischen gingen und mit einem guten Fang wieder kamen, der direkt verarbeitet werden musste. Heute gibt es nur noch Kleinfische in der Gehle, da mit der Begradigung der natürliche Lebensraum vernichtet wurde. „Es ist wirklich schade, dass man heute kaum noch Fische in dem schönen Fluss sieht“, so Reinhard Pleitner. Der Fischereiverein Windheim hat vor einigen Jahren ein Projekt zur Wiederansiedlung der Bachforelle gestartet. Im Oktober 2015 wurde bei Quetzen eine Renaturierung auf einer Strecke von rund 1200 Metern abgeschlossen, später kam im Rahmen einer Ausgleichsmaßnahme eine rund 300 Meter lange Strecke bei Ilse hinzu. Vor allem in diesen Bereichen zeigen die Besatzmaßnahmen zur Wiederansiedlung der Bachforelle eine gute Wirkung. In diesem Jahr sollen weitere Maßnahmen wie das Einbringen von Findlingen in die Gehle erfolgen. Mittels Kontrollbefischung wird die Entwicklung jährlich untersucht.

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