Von Ali Doğan
„Mein Name ist Ali Doğan und aufgrund meines Namens und meines Aussehens ist unschwer erkennbar, dass ich einen sogenannten Migrationshintergrund habe. Ich komme nämlich ursprünglich nicht aus dem Kreis Minden-Lübbecke, sondern aus dem Kreis Herford.“
Mit diesem Absatz habe ich schon oft meine Reden eingeleitet und für Erheiterung zu Beginn gesorgt. Der eigentliche Hintergrund dieses Textes ist aber ein sehr ernster und diesen möchte ich Ihnen heute erläutern.
Tatsächlich bin ich 1982 im Mathilden-Hospital in Herford geboren. Witzigerweise habe ich meine Hebamme, also die Frau, die mich am längsten auf der Welt kennt, bei einer Veranstaltung in Hille persönlich kennengelernt. Obwohl meine Eltern Anfang der 1970er Jahre aus den kurdischen Gebieten der Türkei als sogenannte Gastarbeiterin und Gastarbeiter nach Deutschland kamen, war meine Muttersprache Deutsch und ich habe in meinem Leben sicherlich seltener die Türkei besucht als viele deutsche Freunde ohne Migrationshintergrund. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich bin Jurist, deutscher Beamter und Bratwurst gehört zu meinen Lieblingsgerichten. Pünktlichkeit, Fleiß, harte Arbeit zähle ich zu den wichtigsten Tugenden. Wenn also die klischeehafteste Zuordnung vom Deutschsein zuträfe, so wäre ich ein mustergültiger Vorzeige-Deutscher.
Trotzdem wurde ich, wie viele andere Menschen mit Migrationshintergrund, gefragt „Wo kommst du eigentlich wirklich her?“.
Die Antwort „Aus Herford!“ reicht hierbei mitnichten aus. Die Frage wird in abgewandelter Form so häufig gestellt, bis man offenbart, dass die Familie vor 50, 60 oder 70 Jahren eingewandert ist.
Selbst wenn es nur darum geht, ein freundliches Gespräch anzufangen – es gibt ja auch hörbare deutsche Dialekte wie Bayrisch oder Hessisch, die als Einstieg zum Small Talk genutzt werden – ist die Wirkung eine andere. Oft höre ich von den Fragenden: „Das meinen wir ja nicht böse, sondern sind nur interessiert.“ Ja, das glaube ich ihnen – es fühlt sich nur eben anders an. Die Botschaft, die ankommt, ist: „Du bist nicht wie wir.“
Tatsächlich fühlen sich Menschen wie ich, dazu gibt es viele Studien, durch solche Fragen förmlich „ausgeschlossen“. Es wird vermittelt: „Du gehörst nicht wirklich zu uns dazu!“
Daher ist mein Tipp: Wenn Sie tatsächlich daran interessiert sind, was die Wurzeln der Familie eines Gesprächspartners sind, dann fragen Sie einfach „Entschuldigung, ich vermute, dass Sie einen Migrationshintergrund haben – darf ich fragen, ob das zutrifft und woher Ihre Vorfahren eingewandert sind?“. Und wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann würden meine Kinder vielleicht wirklich nur noch antworten müssen: „Die sind vor vielen Jahren aus dem Kreis Herford eingewandert“