Auch in der Landwirtschaft ist die Automatisierung längst angekommen: Seit November 2014 melken wir unsere Kühe mit zwei Melkrobtern. Die Kühe gehen zu 93 Prozent selbstständig in ihrem individuellen und persönlichen Rhythmus zum Melken – zwei bis fünf Mal am Tag. Betritt eine Kuh den Roboter, schließt sich ein Tor, die Kuh wird anhand des Transponders am Halsband erkannt und die Zitzen mit Wasser und Luft gereinigt. Nach dem „Vormelken“, damit die Milch hygienisch gemolken werden kann, beginnt das eigentliche Melken. Jede der vier Zitzen wird vom Roboter angesetzt und individuell gemolken. Ein Melkvorgang dauert circa sieben Minuten. Am Ende des Vorgangs werden die Zitzen mit einem „Dippmittel“, einem Jod- und Glycercingemisch eingesprüht. Jetzt öffnet sich das vordere Tor und die Kuh kann aus dem Roboter in die Herde, ihrer eigenen Wege gehen, fressen, trinken, liegen oder zur Massagebürste. Während der Weidesaison kann die Kuh auch auf die Weide mit saftigem Gras.
Die frisch gemolkene Milch wird erst in einem kleinem „Vortank“ gesammelt und nach dem Melken mittels Leitungen, durch einen Filter in den großen Milchtank gepumpt. Hier wird die Milch auf vier Grad gekühlt und gerührt. Die durchschnittliche Milchleistung liegt bei uns bei 35 Litern pro Kuh und Tag, während der Laktation (die Kuh gibt Milch). Die letzten Wochen vor dem Kalben wird die Kuh nicht gemolken und erhält eine wichtige Ruhezeit.
Jeden zweiten Tag wird die Milch vom Milchwagen zur Verarbeitung in der Molkerei abgefahren. Bei der Abholung wird immer eine Probe der Gesamtmilch entnommen und mit einem äußerst sensiblen Schnelltest auf Medikamentenrückstände überprüft. Auch in 8000 Litern vermischt können zum Beispiel minimalste Antibiotikarückstände nachgewiesen werden. Bei Rückständen wäre die gesamte Milch nicht zur Weiterverarbeitung zulässig und geeignet.
Eine Entsorgung der Milch und eine sehr hohe Geldstrafe an die Molkerei sowie ein langfristig geringer Auszahlungspreises wäre die verherende Folge. Sollte eine Kuh mit Medikamenten behandelt werden müssen, werden diese zuvor vom Tierarzt verschrieben, ausgehändigt, dokumentiert und nachgehalten. Milch von kranken Tieren wird verworfen. Bevor die Milch wieder zur Molkerei geliefert werden kann, nehmen wir Milchproben und testen diese auf Rückstände von Medikamenten. In unserem großen Interesse stehen die Gesundheit und die Langlebigkeit unserer Tiere.
Die Molkerei veranlasst eine weitere regelmäßige Beprobung der Milch — hierbei geht es um die Kühltemperatur und die natürlichen Inhaltstoffe der Milch, Eiweiß und Fett. Aber auch Zellgehalt (Eutergesundheit), Harnstoff (Proteinübeschuss), Gefrierpunkt (um auszuschließen, dass zugeführtes Wasser in die Milch gemischt wurde) und Keimzahl (Hygiene) wird hierbei überprüft. Diese Werte werden für unseren Auszahlungspreis der Milch und die Güteklasse als Grundlage genommen.
Milch besteht aus vielen wichtigen Inhaltsstoffen. Neben Wasser (87,2 Prozent) und Hauptnährstoffen Eiweiß (3,3 Prozent), Fett (4 Prozent) und dem Kohlenhydrat Milchzucker (4,5 Prozent) finden sich auch viele Mineralien und Spurenelemente wie Kalzium, Phosphat, Magnesium, Zink, Jod, Fluorid und die Vitamine A, B2, B, D und Folsäure in der Milch.
Wir sind dem Landeskontrollverband (LKV) angeschlossen und nehmen an der Milchkontrolle teil. Hier werden von jeder Kuh individuell einmal im Monat die Werte Fett, Eiweiß, Zellgehalt und Harnstoff ermittelt. Alle Werte und die tägliche, mehrfache Beobachtung der Kühe sind wichtig, da die Kühe autark im Stall ihre Wege gehen.
Alle unsere Kühe sind auf unserem Hof geboren und von uns aufgezogen. Eine Färse (eine Kuh mit dem ersten Kalb) kann nur in den Kuhstall nachrücken,wenn ein Platz im Stall frei ist. Deswegen verkaufen wir Rinder oder Kühe an andere Betriebe über unseren Zuchtverband. Die Ergebnisse der Milchkontrolle dienen auch zur Vermarktung der Tiere. Eine Kuh oder Rind aus einer Kuhfamilie mit hohen Inhaltsstoffen (Eiweiß und Fett) verkauft sich besser.
Die Milch direkt beim Landwirt in dem Tank nennt sich Rohmilch. Sie wird lediglich gefiltert, gekühlt und gerührt. Das natürliche Bakterienspektrum ist noch vorhanden. In der Molkerei wird dies durch Erhitzen abgetötet und die Milch haltbarer gemacht. Unter den älteren Menschen ist selbstgemachte Dickmilch (Sauermilchprodukt) aus Rohmilch noch bekannt. Heute braucht die Rohmilch länger bis zur Dickmilch, da die Milch hygienischer ermolken und besser gekühlt wird – das Bakterien-
spektrum ist heutzutage geringer. Rohmilch „rahmt“, wenn sie nicht gerührt wird auf. Hier setzt sich das Fett (Rahm oder Sahne) oben ab. Durch Bewegung verteilt sich das Fett wieder gleichmäßig in der Milch.
Die Rinder gehören zu den Wiederkäuern und haben einen hochkomplexen Verdauungsapparat. Hierzu und zu den weiteren täglichen Arbeiten an unseren Kühen möchten wir beim Thema Futter berichten.
Text: Birte Teikemeier, Fotos: Dietmar Meier (1) und privat (1)