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Vertragen sich Flugplatz und Windrad?

In Kuppendorf wird nur wenige 100 Meter von der Landebahn entfernt ein Windrad errichtet, das zu den größten Deutschlands gehört.
Die Luftaufnahme verdeutlicht die geringe Distanz zwischen dem Standort der im Bau befindlichen Windkraftanlage und der Landebahn des Flugplatzes. Das X nahe des linken Bildrandes markiert die Position der zweiten vorgesehenen Windkraftanlage gemäß einer Planungskarte der Firma WestWind, die dem Petershäger Anzeiger vorliegt.

Kuppendorf (ddm). Gelegentlich nutzt der Petershäger Anzeiger auch die Möglichkeit, Luftbilder unserer Region aus größerer Höhe, vom Flugzeug aus aufzunehmen. Dazu sind wir in den vergangenen Jahren wiederholt mit einer Privatmaschine vom Flugplatz Kuppendorf aus gestartet. Beim letzten Termin gab es dabei eine Überraschung: nur wenige 100 Meter von der Landebahn entfernt wurde das Fundament für ein Windrad errichtet, das nach der Fertigstellung zu den größten derzeit in Deutschland konzipierten Anlagen gehört. Uns war noch in Erinnerung, dass der Antrag der Firma Enercon zum Bau von drei Windkraftanlagen zwischen Lahde und Frille, der 2019 auf dem Tisch der Verwaltung lag, mit Hinweis auf den Flugplatz in Bückeburg abgelehnt worden war. Insofern waren wir neugierig, wie denn in Kuppendorf Landebahn und Windrad zusammenpassen. Der Standort des im Bau befindlichen Windrades befindet sich knapp hinter der Grenze zur Samtgemeinde Uchte. Die Ortschaft Kuppendorf ist Teil der Samtgemeinde Kirchdorf, die zum Landkreis Diepholz gehört. Auf den Zufahrtsstraßen zum Bauplatz der Anlage markierten Wegweiser des Windanlagenherstellers Enercon den Weg. Daher haben wir zunächst bei der Pressestelle von Enercon angefragt, was für eine Anlage hier errichtet wird. Das Unternehmen teilte mit: „Am Standort Kuppendorf installieren wir für unseren Kunden WestWind zwei Windturbinen vom Typ E-175 EP5.“ Laut Internetseite von Enercon handelt es sich um einen neuen, für 2024 angekündigten Typ mit 175 Metern Rotordurchmesser, der an schwachen und mittleren Windstandorten neue Maßstäbe setzen soll.
Es lag nahe, zunächst einmal beim Betreiber des Flugplatzes nach dem Sachverhalt zu fragen. Dass wir damit Einblicke in eine Geschichte bekommen würden, die für einen erfahrenen Filmemacher sicher Ideen für ein Drama um Macht und Geld bieten dürfte, hatten wir nicht erwartet.

Damit ein Windrad sicher steht, benötigt es ein stabiles Fundament aus Stahlbeton. Nach Auskunft heimischer Unternehmen werden für ein Windrad mit einer Nennleistung von 3 MW 1.300 bis 1.600 Tonnen Kies und Sand benötigt, bei schwierigen Bodenverhältnissen unter Umständen noch mehr. Einmal in Volumen ausgedrückt: ein Betonmischer mit der üblichen Kapazität von 7 bis 8 Kubikmetern muß mehr als 125 mal fahren, um 1000 Kubikmeter Beton für ein Windrad anzuliefern. Das Foto zeigt die Anlieferung des Betons für das Fundament der geplanten Fotos: Dietmar Meier

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Anregungen für einen Film

Am Anfang des Films könnte der Regisseur eine kleine Gruppe von Personen inszenieren, die sich mit der Frage befaßt, wie ein kleines Stück Ackerfläche möglichst gewinnbringend zu nutzen wäre. Die Gruppe würde sich für eine Nutzung als Standort für Windenergieanlagen entscheiden, obwohl objektive Gründe dem entgegenstehen. Spannung würde im Film u.a. dadurch erzeugt, dass es den Akteuren nicht wie geplant gelingt, Hindernisse für die Realisierung des Projektes mittels finanzieller Zuwendungen aus dem Weg zu räumen. Enden könnte der Film mit einer klassischen Gerichtsszene, in der Juristen angesichts vehementer Bürgerproteste in letzter Instanz über Wohl oder Wehe für einzelne Akteure oder die protestierende Bürgerschaft entscheiden. Soweit zum fiktiven Film. In der Tat eröffnet das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) Unternehmern heute Chancen auf beträchtliche Gewinnmargen und bietet damit auch Grundeigentümern Anreize, Flächen für Windenergieanlagen zur Verfügung zu stellen. Genehmigungen sind allerdings an ein Verwaltungsverfahren gebunden, in dem relevante Sachverhalte geprüft werden. Und diesbezüglich fallen in Kuppendorf unter anderem folgende Punkte auf, über die dem Petershäger Anzeiger Informationen in schriftlicher Form vorliegen:
1) Auf kommunaler Ebene bedarf es zur Ausweisung von Flächen für die Windenergie zunächst einer Änderung des Flächennutzungsplanes. Darüber stimmt der Stadtrat bzw. wie in Kuppendorf der Gemeinderat ab. Dabei dürfen Ratsmitglieder, die persönliche Vorteile aus solchen Beschlüssen ziehen können, gemäß niedersächsischem Verwaltungsrecht nicht mitwirken. Für die Fläche, auf der derzeit die Windkraftanlage errichtet wird, wurde der Änderungsbeschluss mit der minimalen Mehrheit von einer Stimme gefaßt. Juristisches Problem: an der Abstimmung habe sich auch das Ratsmitglied beteiligt, dem die betreffende Fläche gehört.
2) Vorhandene Alternativflächen, die sogar die Errichtung einer größeren Anzahl von Windkraftanlagen ermöglicht hätten, seien nicht geprüft worden.
3) In den folgenden amtlichen Planungsschritten sei der Flugplatz gar nicht berücksichtigt worden. Erst als sich dieser als Kernproblem für die Planung herausstellte, sei der Samtgemeindebürgermeister persönlich bei der Landesluftfahrtbehörde vorstellig geworden, um eine Rücknahme der Flugplatzgenehmigung zu bewirken. Dabei hatte sich der Samtgemeindebürgermeister bereits im Rahmen der Aufstellung des Flächennutzungsplanes für persönlich befangen erklärt. Die angedrohte Klage wurde später durch die Samtgemeinde Kirchdorf wie auch den Projektierer der Windkraftanlagen erhoben.
4) Damit war die Angelegenheit auf der juristischen Ebene angelangt. Gegen ein erstes Urteil des Verwaltungsgerichtes Hannover, das die Aufhebung der Genehmigung für den Flugsatz beinhaltete, hatte der Flugplatzbetreiber beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg Berufung eingereicht. Diese hat das OVG zugelassen. „Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils“ (Zitat) bestehen für das OVG insbesondere an der Begründung für die Aufhebung der Flugplatzgenehmigung. Der Petershäger Anzeiger wird die weitere Entwicklung der Angelegenheit mit Interesse verfolgen und zeitnah berichten.

 

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