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Angel-Vergnügen ?

Petershagen. Die Zeiten, in denen Angler sich nach Belieben ein idyllisches Plätzchen an der Weser suchen konnte, um dem Fischfang nachzugehen, sind schon länger vorbei. Im Zuge fortschreitender Naturschutzmaßnahmen wurden im Stadtgebiet seit den 1980er Jahren immer mehr Uferabschnitte zwischen Schlüsselburg und Petershagen für das Angeln gesperrt. Diese Einschränkungen und die Kormoran-Problematik machen den Fischereivereinen im Stadtgebiet heute mächtig zu schaffen.

„Zum Essen wollen wir alle möglichst frische Ware. Und was gibt es besseres als frischen Fisch, von dem ich auch weiß, wo er herkommt?“, beschreibt Jens Müller, Vorsitzender des Fischereivereins Lahde, die Intention vieler Angler. 

Das Angeln hat auch in Petershagen eine lange Tradition, sind in der Weser doch diverse Süsswasserfischarten für eine gesunde Ernährung vertreten, unter anderem Zander, Hecht, Rotaugen, Brassen, Döbel oder Barben. 

Organisiert sind die Angler aus dem Stadtgebiet in Fischereivereinen in Lahde, Petershagen, Frille, Windheim und Schlüsselburg, die sich wiederum mit Vereinen aus Weserabschnitt zwischen Minden und Vlotho zur Minderner Interessengemeinschaft der Fischereivereine e.V. zusammengeschlossen haben. Der Lahder Verein konnte im vergangenen Jahr bereits sein 75-jähriges Bestehen feiern.

„Wir könnten viel mehr fangen, wenn das Angeln längs der Weser zwischen Petershagen und Schlüsselburg in den vergangenen Jahren nicht durch Verbote im Rahmen von Naturschutzmaßnahmen ständig weiter eingeschränkt worden wäre“, spricht Müller von einer Salamitaktik von politischer Seite und erinnert an die Anfänge. 

Ein guter Fang: im letzten Sommer zog Pascal Christiani am Schiffsanleger Heisterholz nach längerem Ringen einen stattlichen Wels aus der Weser.

Als die Weser in den 1970er Jahren durch die Versalzung und wegen der Erwärmung durch die Kraftwerke kaum noch zufror und Kiesteiche zusätzliche Wasserflächen boten, wurden längs der Weser immer mehr Wasservögel beobachtet. Das mündete in ersten Schutzmaßnahmen und Betretungsverboten im Bereich der Staustufe Schlüsselbereich und der Abgrabung Baltus im Weserbogen nördlich von Windheim. Mit der Ausweitung des Naturschutzgebietes Weseraue wurden die Strecken zwischen der Weserbrücke und der nördlichen Stadtgrenze, in denen das Angeln ganzjährig oder zeitweise verboten ist, stetig länger. Zuletzt kam auch noch der Weserbogen westlich von Windheim dazu.

„Es geht auch darum, dass unsere älteren Mitglieder, die auf Fahrzeuge angewiesen sind, überhaupt noch an die Weser heran kommen können“, berichtet Gerd Lohaus, langjähriger Vorsitzender des Fischereivereins Petershagen. Denn es gebe zwar auch zwischen Petershagen und Schlüsselburg noch Strecken, an denen das Angeln offiziell zumindest zeitweise erlaubt sei. Die Erreichbarkeit scheitere oft aber an ganz praktischen Problemen wie Befahrungs- oder Parkverboten oder dem starken Bewuchs der Uferstreifen, da die Bauern diese Streifen mancherorts nicht mehr bewirtschaften dürften. Die Mindener Interessengemeinschaft hat zu dem Thema eine Gewässerordnung herausgegeben, in der dargestellt ist, wo welche Strecken längs der Weser wann überhaupt noch genutzt werden dürfen.

Eine Gruppe von Kormoranen auf der oben abgebildeten Halbinsel vom Boden aus fotografiert.

Der Ärger ist Müller und Lohaus durchaus anzumerken, wenn sie auf das Thema Kormorane zu sprechen kommen.“Seitdem Kormoranschwärme auch hier bei uns auf Fischfang gehen, sind unsere Fangergebnisse massiv zurückgegangen“, kann Lohaus auf die langjährige Auswertung der Mindener Interessengemeinschaft verweisen. Die Statistik zeigt, dass den Vereinsmitgliedern der IG heute nur noch rund ein Viertel der Menge ins Netz geht, die in den 1970er Jahren gefangen wurde — obwohl sich die Wasserqualität der Weser inzwischen verbessert und sich auch die Zahl der aktiven Vereinsmitglieder nicht nennenswert verändert hat. Und dann warten beide mit Zahlen auf. Wenn 100 Kormorane am Tag im Schnitt jeweils 500 Gramm Fisch fressen, macht das übers Jahr eine Menge von mehr als 18 Tonnen. Und die Zählungen der IG zeigen, dass eine weitaus größere Anzahl von Kormoranen im Stadtgebiet unterwegs ist. Im Vogelschutzmaßnahmenplan, den die vorherige Landesregierung mit dem damaligen Umweltminister Remmel konzipiert hatte, war eine tolerierbare Grenze von 1000 Kormoranen angesetzt worden.

In der Frage, wieviel Kormorane verträgt eine Region überhaupt, zeigt sich ein ähnlicher Konflikt wie beim Thema Jägerei und Artenschutz (Ausgabe Dezember 2018). Denn es geht hier nicht allein um die Fangergebnisse von Anglern, sondern auch um den Schutz der Fischfauna. Um diese zu stärken, investieren die Fischereivereine viel Arbeit, Zeit und Geld, um Gewässer zu pflegen und mit Jungfischen zu besetzen. Darf man eine Entwicklung in der Natur ungebremst laufen lassen, wenn der Schutz einer Art zulasten anderer Arten geht? Über diese Frage wird es noch manche Diskussion geben.

Das Spülfeld einer Kiesgrube im Stadtgebiet diente hier rund 200 Kormoranen als Ruheplatz. Das Foto wurde Mitte Oktober 2018 aufgenommen und damit zu einer Zeit, in der auch Kormorane aus kälteren Regionen auf dem Zug sind. 

Text und Fotos: Dietmar Meier

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